Seit 2015 organisieren wir jährlich für die 6. Klassen unserer Schule ein Inklusionsprojekt zusammen mit der „Stiftung GIPS Spielen und Lernen“ unter Leitung von Herrn Horst Boltersdorf. Unter dem Motto des Geschwister-Scholl-Gymnasiums „Miteinander – Füreinander – Aufeinander zu“ zeigen Menschen mit Behinderung unseren Schülern an verschiedenen Stationen in unserer Aula, wie es ist, auf bestimmte Sinne oder Fähigkeiten verzichten zu müssen. Dabei ist es wichtig, dass die Schüler kein Mitleid mit Menschen mit Behinderung haben, sondern sich mit ihnen mitfreuen sollen.
Die verschiedenen Selbsterfahrungsübungen machen den Schülerinnen und Schülern großen Spaß. Erste Lektion bei der Blinden-Selbsterfahrung: Melden nützt nichts, wenn man mit einem blinden Lehrer spricht. Stattdessen sagt man seinen eigenen Namen, wenn man etwas fragen möchte.
Das Projekt wird in 2 Terminen durchgeführt. Während des ersten, handlungsorientierten Termins absolvieren die Schüler z.B. einen ‚Verkehrsparcours‘ mit verbundenen Augen und Blindenstock; sie stanzen ihren Namen in Braille und lernen einen Blinden-Stadtplan kennen. Außerdem lernen sie ihre Namen und leichte Ausdrücke in Gebärdensprache. Die Schüler durchfahren mit einem Rollstuhl einen Parcours und lernen, dass es sehr schwierig sein kann, eine Tür zu öffnen. Sie tippen ihren Namen ohne Arme auf einem Computer oder schreiben bzw. malen mit ihren Füßen. Weiterhin versuchen die Schüler zu schreiben, während Stromstöße ihre Hände zum Zucken bringen – wie es z.B. Parkinson-Patienten ergeht. Das wichtigste allerdings ist die Erfahrung, dass die Schülerinnen und Schüler lernen, dass eine Behinderung etwas ist, womit man sein Leben sehr erfüllt leben kann und dass man zusammen mit behinderten Menschen sehr viel Spaß haben kann. Die Schüler sind mit so viel Spaß bei der Sache, dass die anberaumten zwei Stunden meist sogar noch überzogen werden.
Am zweiten Termin, der eine Woche später stattfindet, evaluieren die Schüler ihre Erfahrungen von der vorherigen Woche und haben die Möglichkeit den Mitarbeitern von GIPS alle Fragen zu stellen, die sie interessieren. Die Kinder haben wenig Scheu, auch persönliche Fragen nach der jeweiligen Behinderung zu stellen, wobei auch der Blindenhund eine Attraktion an sich ist.
Wir sind sehr dankbar, dass uns das Inklusionsamt der Städteregion Aachen bei der Durchführung des Projekts finanziell unterstützt und somit unseren Schülerinnen und Schüler diese einmalige Gelegenheit gibt, Unterricht in einer besonderen Weise zu erfahren. Wir stellen fest, dass unsere Schülerinnen und Schüler sich anderen Schülern mit Behinderungen oder Beeinträchtigungen tolerant gegenüber zeigen. In diesem Jahr war dies besonders interessant, da wir in der Klasse 6 einen Schüler mit einer Sehbehinderung unterrichten.
Nach vielen Jahren Projektdurchführung kann ich konstatieren, dass unsere soziale Arbeit mit unseren Schülern durch das GIPS Projekt äußerst bereichert und ergänzt wird. Unserer Erfahrung nach sind die Kinder der Jahrgangstufe 6, im Alter von ca. 12 Jahren, für das Projekt besonders geeignet, da sie auf der einen Seite noch keine zu große Scheu gegenüber Behinderten entwickelt haben, auf der anderen Seite aber schon über die Fähigkeiten verfügen, das Thema kritisch zu evaluieren.
An dieser Stelle möchte ich mit bei dem Inklusionsamt der Städteregion und bei der Stiftung GIPS für die Unterstützung und die geleistete Arbeit bedanken.
Kai Lehniger, Erprobungsstufenkoordinator
Links:
http://www.gips-sl.nl/ (Homepage der Stiftung GIPS)
https://youtu.be/9WLXQT0pN2g (Video über die Arbeit von GIPS an Schulen)
https://www.staedteregion-aachen.de/de/navigation/aemter/amt-fuer-inklusion-und-sozialplanung-a-58/inklusion/ (Inklusionsamt der Städteregion)